| von Sonja Käser

Die Tableau Drive Methode im Praxiseinsatz

Warum Tableau Drive? Im Rahmen der steigenden Anforderungen an datengetriebene Entscheidungsprozesse steht der Ansatz von Self-Service Analytics aktuell stark im Fokus. Die Abwendung von der „Report Factory“ soll zu einem schnelleren und verbesserten Erkenntnisgewinn der Fachbereiche sowie zu Kosteneinsparungen in der IT führen. Doch wie kann innerhalb von Unternehmen eine vertikale Skalierung der Analytics-Kultur vorangetrieben werden?

Am Beispiel von Tableau Software als führender Hersteller [1] von Reportinglösungen für Self-Service Analytics, wird in diesem Beitrag das Tableau Drive Verfahren als Instrument zum Aufbau und zur Implementierung einer Self-Service Analytics Kultur vorgestellt. Anschließend berichten wir von Projekterfahrungen mit unseren Kunden und wie diese die Tableau Drive Methode zum Ausbau der Self-Service Analytics Kultur erfolgreich umgesetzt haben.

Zentrale Grundsätze der Tableau Drive Methode

Die Tableau Drive Methode basiert auf Best-Practice-Ansätzen verschiedener Unternehmen, die beim Aufbau ihrer Self-Service Analytics Kultur besonders erfolgreich waren. Lange Zeit diente in der Software-Branche das Wasserfallmodell als Entwicklungsprinzip. Dieses setzt streng voneinander abgegrenzte und aufeinanderfolgende abhängige Phasen sowie eine klare und statische Anforderungsstruktur voraus. Die statischen Anforderungen und Entwicklungsphasen werden aber den sich ständig wandelnden Anforderungen der heutigen Zeit nicht mehr gerecht. Daher basiert die Tableau Drive Methode auf agilen Prinzipien des Projektmanagements. Diese ermöglichen es mit iterativen und kurzen Entwicklungszyklen, flexibel und weniger formal auf Anforderungsanpassungen zu reagieren.

Ein zentrales Kernelement ist hierbei die enge Zusammenarbeit von IT und Fachbereich. Der Fachbereich wird im Rahmen der agilen Methode nicht mehr nur bei der Festlegung der Anforderungen, sondern auch bei den Folgeprozessen, wie der Entwicklung, dem Testen und der Produktion herangezogen.

Wie Abbildung 1 zu entnehmen ist, übernimmt die IT-Abteilung dabei die Verantwortung für das „Center of Operations“ und unterstützt bei der Datenarchitektur, der Softwarebereitstellung sowie bei Sicherheitsthemen. Der Fachbereich hingegen ist für die Analyseprozesse und das „Center of Evangelism“ zuständig. Neben der eigenständigen Erstellung von Berichten und Dashboards, steht die Entwicklung von Best Practices und die Verbreitung einer Analysekultur im Unternehmen im Vordergrund.

Center of Operations and Evangelism
Abbildung 1: Center of Operations und Center of Evangelism

Der agile Ansatz und die veränderte Arbeitsteilung von IT und Fachbereich führen zu einer Abkehr von der klassischen Report Factory. Die Mitarbeiter aus den Fachbereichen, die täglich mit ihren Daten arbeiten, übernehmen nun die Berichtserstellung von der IT. Das Team der IT steht jedoch weiterhin unterstützend bereit, um besondere Herausforderungen bei der Dashboardentwicklung zu bewerkstelligen.

Tableau Drive Team

Der Tableau Drive Ansatz lässt sich am besten in kleinen Teams umsetzen. Dabei sind verschiedene Rollen in den Kategorien „Projektmanagement“, „Tableau“ und „Datenmanagement“ zu besetzen. Es sollten möglichst zu jedem Zeitpunkt alle Rollen ausgefüllt werden können. Dabei ist es auch möglich, dass ein Mitarbeiter mehrere Rollen innehält.

Rollen im Tableau Drive Team
Abbildung 2: Rollen im Tableau Drive Team

Der zentrale Erfolgsfaktor des Drive-Teams liegt in der Interdisziplinarität, die eine direkte und enge Zusammenarbeit von IT und Fachbereich mit sich bringt. Kommunikationswege werden damit verkürzt und Herausforderungen können dank funktionsübergreifendem Know-how effizient angegangen werden. Zur Erzielung schnellerer und besserer Erfolge bei der Durchführung von Echtzeitanalysen, ist die klare Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten somit unerlässlich.

Tableau Drive im Praxiseinsatz

Als BI-Beratungshaus und Tableau Gold-Partner haben wir bereits vielseitige Erfahrungen mit dem Einsatz von Tableau Drive bei unseren Kunden sammeln können. Die wesentlichen Erfolgsfaktoren aus der Praxis können in drei Kategorien gegliedert werden:

  • Arbeitsweise,
  • Datengrundlage und
  • Missionierung – Verbreiten der Analyse Kultur im Unternehmen

Im Folgenden haben wir unsere Erfahrungswerte zu den jeweiligen Kategorien zusammengestellt:

Arbeitsweise

Für die Entwicklungsphasen ist es wichtig, dass sich das Tableau Drive Team in regelmäßigen Abständen (z.B. 1-2-mal pro Woche) an einem separierten Ort (z.B. Konferenzraum, Schulungsraum) trifft, um in Echtzeit gemeinsam in kurzer Zeit Berichte und Analysen zu erstellen. Es sollten Sprintzyklen von 3-4 Wochen festgelegt werden, in denen eine User Story entwickelt und bearbeitet wird. An 1-2 Tagen in der Woche wird dann beispielsweise 5 Stunden an den Aufgaben aus dem Backlog gearbeitet.

Für jede User Story werden gemeinsam mit dem Tableau Drive Team Abnahmekriterien definiert. Bevor daraus Aufgaben für den Sprint Backlog abgeleitet werden, sollte zunächst ein Mock-up der Dashboards erstellt werden. Dies führt zu einem gemeinsamen Verständnis über die sich daraus ergebenden Aufgaben für den Sprint.

Für einen besseren Überblick über die Aufgaben im Sprint Backlog, können diese wiederum in verschiedene Aufgabenkategorien eingeordnet werden (z.B. Datengrundlage, komplexe Berechnungen, Visualisierung und Doku). Diese Einordnung macht schnell deutlich, in welchen Bereichen es besonders viel zu tun gibt und in welchen eher weniger. Dabei sind insbesondere die Abhängigkeiten zwischen Datengrundlage und Visualisierungen in Tableau zu berücksichtigen. Besondere Herausforderungen in der Datenbereitstellung führen zu Verzögerungen bei der Erstellung von Analysen in Tableau. Dies hat zur Folge, dass nicht alle Drive-Mitglieder in einem Sprint immer parallel an ihren Aufgaben arbeiten können. In solchen Fällen muss das Team agil auf die aktuelle Situation reagieren können.

Bei der Entwicklung visueller Analysen sollten sich die Geschäftsanwender von der Denk- und Arbeitsweise bestehender Berichte lösen, um die Tableau-Werkzeuge in vollem Umfang nutzen zu können. Es geht vielmehr darum, die Daten auf explorative Art und Weise nach neuen Erkenntnisse zu durchforsten als „Pixel-Perfect-Berichte“ zu erstellen. Dabei sollte die Interaktivität in Berichten durch die Verwendung von Dashboard-Aktionen, Filtern und Parametern gefördert und statische Berichte vermieden werden.

Die Ausübung von Tätigkeiten in der Dashboardentwicklung durch Geschäftsanwender hat starke Auswirkungen auf die Sprintorganisation. Die definierten Anforderungen werden durch den Fachbereich selbst umgesetzt und das entstandene Produkt wird schließlich auch durch die Ersteller genutzt. In den Entwicklungsphasen wird zudem eine starke Disziplin benötigt, um nicht zu vorschnell die bei der Entwicklung entstehenden kreativen Ideen direkt als Anforderungen in den Sprint einzubringen.

Für ein kollaboratives Arbeiten mit den Analysen sollte von der IT die technische Infrastruktur für die Bereitstellung eines Tableau Servers zur Verfügung gestellt werden. Für die Veröffentlichung von Berichten ist eine Aufteilung zwischen einem Sandbox-Bereich für die Entwicklung und das Testen von Analysen und einem produktiven Bereich für qualitätsgeprüfte und finalisierte Berichte zu empfehlen. Anders als in vielen Best Practice Ansätzen beschrieben, legen wir die beiden Bereiche als Projekte und nicht als isolierte Tableau Sites an. So können Arbeitsmappen direkt durch die Team-Mitglieder aus dem Sandbox- in den Produktionsbereich verschoben werden. Durch die Web Authoring Funktionen des Tableau Servers ermöglicht der Sandbox-Bereich weiterhin, dass Kollegen Änderungen und Ergänzungen an den veröffentlichten Berichten direkt im Tableau Server vornehmen können. Die Server Nutzer können außerdem eigene Adhoc Analyse auf bereitgestellten Datenquellen und Analysen erstellen und speichern.

Tableau Drive – Datengrundlage

Bei der anfänglichen Prototypenerstellung geht es vor allem darum, die zur Verfügung stehenden Daten explorativ mit Tableau zu analysieren. Das Team sollte sofort mit den Datenbeständen beginnen, die aktuell zur Verfügung stehen. Dies kann unabhängig davon geschehen, ob es sich dabei um „inoffizielle“ oder unvollständige, nicht zertifizierte Datenbestände aus dem Fachbereich handelt.

An dieser Stelle ist insbesondere die Rolle des Datenbankexperten von Bedeutung, da dieser schnell benutzerspezifische Abfragen für Analysen (z.B. Erstellen von Views oder Erweiterung von SQL-Abfragen) umsetzen kann, die dann wiederum direkt in Tableau zur Dashboarderstellung eingesetzt werden können.

Bei der Bereitstellung der Daten ist darauf zu achten, Abfragen mit langer Ausführungszeit zu vermeiden, da dies schnell zu Frust und Demotivation bei den Tableau-Autoren führen kann. Insbesondere bei der Arbeit mit großen Datenmengen hat es sich als sinnvoll erweisen, Abfragen durch Parameter in benutzerdefinierten SQL-Abfragen einzuschränken, Daten-Extrakte zu erstellen oder materialisierte Views in der Datenbank zu nutzen. Die Berichtsentwicklung sollte zunächst immer auf kleinen Datenbeständen stattfinden.

Zudem empfiehlt es sich eine Vorlage für ein einheitliches Berichtslayout zu entwickeln, das von allen Tableau-Autoren genutzt wird, um das Corporate Design des Unternehmens zu wahren.

Missionierung – Verbreiten der Analyse Kultur im Unternehmen

Ziel ist es mit Hilfe der Tableau Drive Methode einen „treibenden“ und von Self-Service Analytics begeisterten Fachbereich als „Center of Evangelism“ in der Organisation zu etablieren. Dies ist in der Praxis häufig schwierig umsetzbar, da die Fachanwender neben den agilen Entwicklungsphasen kaum zusätzliche Ressourcen für diese Tätigkeiten aufbringen können. Wie unter der Arbeitsweise des Drive-Teams beschrieben, ist innerhalb eines Sprints ein regelmäßiges Arbeiten in separierten Räumen essentiell. Das hat zur Folge, dass die Mitglieder des Tableau Drive Teams für diesen Zeitraum von Ihren alltäglichen Aufgaben freigestellt werden müssen. Um dies durchzusetzen, ist die Kommunikation der Erfolge des Drive-Teams an Vorgesetzte und Kollegen ein wesentlicher Erfolgstreiber (siehe Missionierungszentrum). Auch Beiträge im Intranet und Tableau-Events (z.B. Tableau Day) können im Unternehmen für mehr Aufmerksamkeit sorgen. Die Verbreitung des analytischen Gedankens im Unternehmen steht dabei im Mittelpunkt, um eine vertikale Skalierung forcieren zu können.

In den Anfangsphasen der Datenermittlung und des Prototypings werden die Grundlagen und Regeln für die Zusammenarbeit des Drive-Teams sowie die sofortige Entwicklung visueller Analysen der Daten bestimmt. Aus jedem Sprint können neue Erkenntnisse zur Arbeitsweise und zum Rollenverständnis gesammelt und direkt im nächsten Sprint umgesetzt und evaluiert werden. Nach einem erfolgreichen Grundlagenaufbau können die Best Practices für die Zusammenarbeit des Tableau-Drive-Teams auch in weiteren Projektteams im Tableau-Umfeld genutzt werden.

Um die Mitarbeiter zur selbstständigen Erstellung von Dashboards zu befähigen, sollten vorab erste Trainings und Workshops für Tableau sowie weitere Materialien zur Weiterbildung angeboten werden. Externe Tableau-Experten können insbesondere in der Anfangsphase bei komplexeren Fragestellungen unterstützen.

Tableau Drive – Fazit

Nach unseren Erfahrungswerten ist die Tableau Drive Methode eine wertvolle Ergänzung, um in Unternehmen eine Self-Service Analytics Kultur zu etablieren. Die vertikale Skalierung ist als ein fortwährender Prozess zu sehen, der nie wirklich abgeschlossen werden kann, sondern immer Weiterentwicklungen und Veränderungen in der Unternehmenskultur und der Arbeitsweise der Geschäftsanwender mitbringen wird.

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Über den Autor

Nach ihrem Masterstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen mit der Vertiefung Business Analytics war Sonja von 2016 bis 2018 als Consultant für Reporting & Analytics bei Woodmark tätig. Ihre Schwerpunkte lagen in der Report-Entwicklung mit Tableau Desktop inklusive der Bereitstellung über Tableau Server. Darüber hinaus schulte Sonja unsere Kunden im Bereich Self-Service-Analytics und gab regelmäßig Tableau Enablements und Tableau Advanced Trainings.

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