| von Dr. Benedikt Friedrich-Lang

Datenlösungen sind Change Initiativen

Einleitung

Moderne Daten- und Infrastrukturprojekte sind von Natur aus immer mit Veränderungen im Unternehmen verbunden. Sie sind dann erfolgreich, wenn sie frühzeitig greifbaren Mehrwert bieten. Darum initiieren Analytics, BigData bis hin zu ML-Lösungen häufig Transformationen, die mehrere Ebenen des Unternehmens und des Arbeitsalltags der Mitarbeitenden betreffen. Obwohl der Großteil der Planung und Implementierung eines Projekts in der Evaluation und Entwicklung passender technologischer Lösungen besteht, sind (insbesondere bei mittleren bis großen Datenprojekten) unternehmenskulturelle Veränderungen und Organisationstransformationen parallel zu orchestrieren. Angebotene Lösungen müssen nicht nur in einem hohen Qualitätsstandard geliefert werden. Genauso müssen sie in alltägliche Workflows der Arbeitsbereiche, in die strategischen Entscheidungen und die operationale Maintenance-Infrastruktur integriert werden.

Der organisatorische Wandel bei Daten- und Infrastrukturprojekten

Daten- und Infrastrukturprojekte sind daher immer auch Change Projekte. Die größten Chancen ergeben sich für ein Unternehmen dabei, seine Mitarbeitenden in diese Veränderung schon im Rahmen von strategischen Entscheidungen mit einzubeziehen. Dabei besteht die Herausforderung, den Scope der Veränderungen frühzeitig so zu analysieren und zu planen, dass betroffene Stakeholder zum besten Zeitpunkt einbezogen werden. Während nämlich der technische Teil der Umsetzung eines Projekts überwiegend in der Hand eines Entwicklungsteams liegt, bestehen für die strategischen, kulturellen und organisatorischen Voraussetzungen der erfolgreichen Implementierung einer Lösung häufig externe Abhängigkeiten:

Beispielsweise erfordert die Entwicklung und Integration einer Self-Service Analytics Plattform in ein Unternehmen eine entsprechende Plattform- und Datenkultur. Das heute oft angestrebte Aufbrechen von Datensilos ist auch eine Frage der technischen Integration von unterschiedlichen Datenquellen. Nachhaltig baut diese Veränderung aber auf ein entsprechendes Data-as-an-Asset-Verständnis. Daten werden nicht nur auf einen Zweck hin aufbereitet, sondern anderen Unternehmensbereichen zur Problemanalyse und Beantwortung bislang noch unbekannter Fragen zur Verfügung gestellt. Das Verständnis vom grundsätzlichen Mehrwert domäneübergreifend geteilter Daten muss dabei sorgfältig kultiviert werden. Dies kann bottom-up durch entsprechendes Enablement im gesamten Life-Cycle einer Lösung aber auch top-down durch die Kommunikation bereichsübergreifende Unternehmensziele geschehen, die für eine kooperative Open-Data-Kultur Anreize schaffen. Diese unternehmenskulturellen Veränderungen der Dezentrierung müssen von entsprechenden Governance-Konzepten unterstützt werden, die an den richtigen Stellen pragmatische Richtlinien und Ansprechpartner bereitstellen. Denn nur entsprechende Zugriffskonzepte, Ontologien und Datensemantiken sorgen für das notwendige Vertrauen in die bereitgestellten Daten und die erfolgreiche Implementierung darauf aufbauender Use Cases.

Datenprojekte müssen also sowohl als technische Lösungsentwicklung als auch als sozio-kulturelle Transformationen des Fachbereichs, der Support-Einheiten, des Managements und nicht selten auch als Veränderung in der gesamten Organisation geplant und durchgeführt werden.

 

Ein Blick auf etablierte Frameworks für einen effektiven Changeprozess

Es gibt eine Reihe an erprobten Frameworks, welche die Anleitung solcher Changeprozesse unterstützen. Grundsätzlich lässt sich unterscheiden zwischen Ansätzen, die Veränderung als einmalige Initiative verstehen und anderen, die auf eine kontinuierliche und iterativ-lernende Veränderungskultur abzielen.

Klassisches Change Management

Klassisches Change Management

Klassische Change Management Modelle zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie Change als einen Übergang von einem in einen anderen Zustand verstehen. Dabei werden häufig drei Phasen voneinander unterschieden, die zudem Veränderungen meist als klar abgrenzbaren und linear verlaufenden Prozess propagieren.

 

 

Zyklisches Change Management

Change Frameworks

 

 

Im Gegensatz dazu dominieren heute oft Change Frameworks, die eher auf kontinuierlichen Wandel anstatt auf eine einmalige Veränderungsinitiative abzielen. Der DevOps-Gedanke unterstützt diesen Trend in der konkreten Umsetzung auf technischer Ebene und agile Projektmanagementframeworks helfen dabei, die strategischen und taktischen Entscheidungen empirisch zu orientieren: Die Frage, auf welche inhaltliche Richtung eine Lösung zusteuert, ist nicht nur in der Planungs-, sondern ebenso in der Implementierungsphase im richtigen Maße immer wieder neu zu stellen und zu bewerten.

 

 

Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit in Daten- und Infrastrukturprojekten

Auf Unternehmensseite spielt neben der strategischen Richtungsentscheidung von Changeprozessen in modernen Infrastruktur- und Datenprojekten noch ein zweiter Faktor eine entscheidende Rolle: Geschwindigkeit. Auch wenn eine hohe Geschwindigkeit in der technischen Implementierung oberstes Ziel sein mag, ist der Change Prozess als Ganzer auch auf die Adaptionsfähigkeit der Nutzer, die Enablementleistungen des Projektteams und die Integrationsfähigkeit in bestehende Infrastrukturen angewiesen. Der tatsächliche Wert, den eine Datenlösung für ein Unternehmen darstellt, wird schließlich erst sichtbar, wenn diese von den Endnutzern im Produktivbetrieb bzw. an intendierter Stelle in der Wertschöpfungskette etabliert ist. Gerade weil zumeist eine hohe Gesamtgeschwindigkeit angestrebt wird, müssen die unterschiedlichen Dimensionen eines Change Prozesses aufeinander abgestimmt werden, um gewünschte Transformationseffekte und eine effiziente Adaptions- und Skalierungsrate zu erreichen.

Dateninitiativen, die auf die kontinuierliche Wandlungsfähigkeit eines Unternehmens abzielen sind oftmals gar nicht als abzuschließende Veränderungen geplant. Das bedeutet auch, dass Mitarbeitende eines Unternehmens auf den Weg einer konstanten Change-Kultur mitgenommen werden müssen. Dies kostet in großen Initiativen nicht nur Zeit, sondern auch Veränderungsmut auf allen Ebenen. Wichtig ist außerdem, dass gewisse Veränderungen evolvierend und nicht immer wieder neu disruptiv organisiert werden können. Wenn eine neue Lösung Schritt für Schritt ausgebaut wird und Businessprozesse von Sprint zu Sprint besser technologisch modelliert werden ist ein solcher kontinuierlicher Soft-Launch wesentlich einfacher zu realisieren als zwei oder gar mehrere aufeinander folgende disruptive Innovationen, die immer wieder mühsame Eingewöhnungsphasen erfordern. Solche Frustrationserfahrungen (sog. „Change Fatigue“) können durch eine organische Change Strategie vermieden werde, in der ein Entwicklungsteam und seine Interaktion mit Usern und Stakeholdern eine beispielgebende Rolle einnehmen kann.

 

Inhaltliche Richtungsentscheidungen und eine zeitlich abgestimmte Orchestrierung der Veränderung von Technologie, Unternehmenskultur und Operations ergeben zusammen den Herzschlag in Transformations- initativen. Erfolgreiche Projektteams erreichen diese sowohl durch das frühzeitige Antizipieren von unternehmenskulturellen, bis in die Organisationsstruktur reichende Transformationen, den proaktiven Einbezug der Nutzer:innen als auch mithilfe einer effizienten und kontinuierlichen Abstimmung mit zentralen Enablement Teams.

Transformation

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Über den Autor

Dr. Benedikt Friedrich ist Consultant bei Woodmark Consulting. Er ist spezialisiert auf agiles Projekt- und Produktmanagement und unterstützt unsere Kunden bei großen Transformationsinitiativen. Als PSM und SAFe zertifizierter Scrum Master coacht er agile Entwicklungsteams
und erarbeitet gemeinsam mit dem Management praktikable Change Strategien.

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