Gatling – Ein leistungsstarkes Framework für Lasttests
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Wie funktioniert Gatling technisch – und warum ist es so effizient bei der Simulation tausender Nutzer?
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Welche Unterschiede gibt es zwischen Open- und Closed-Load-Modellen, und wann eignet sich welches?
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Wie erstellt man mit der Gatling-DSL realistische Lasttests, inklusive Feeder, Checks und Assertions?
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Wie lässt sich Gatling in der Cloud skalieren – etwa mit AWS EC2 oder verteilten Test-Setups?
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Welche Metriken, Reports und Best Practices helfen, die Performance-Ergebnisse richtig zu interpretieren?
In aller Kürze
Dieser Beitrag erklärt, was Gatling ist, wie es technisch funktioniert und wie man damit realistische Lasttests erstellt (inkl. Code-Beispiele). Er zeigt auch, wie man Gatling-Skripte in der Cloud skaliert (z. B. auf AWS EC2) und welche Metriken sowie Strategien zur Analyse von Testergebnissen wichtig sind. Der Text fasst Erfahrungen aus einer Bachelorarbeit und praktischen Projekten zusammen und liefert Checklisten, Fallstricke sowie konkrete Konfigurationsbeispiele.
Einleitung
Lasttests sind kein Luxus – sie sind notwendig, um Performance-Risiken frühzeitig aufzudecken und Kapazitätsgrenzen zu definieren. Gatling ist ein quelloffenes, codezentriertes Lasttest-Framework, das speziell für moderne Web- und API-Architekturen entwickelt wurde. Es kombiniert eine asynchrone, ereignisgetriebene Engine mit einer klaren DSL für Testskripte. In diesem Beitrag zeige ich praxisnahe technische Details, konzeptionelle Entscheidungen und konkrete Beispiele, damit Sie belastbare, reproduzierbare und aussagekräftige Lasttests aufbauen können.
Gatling unterstützt Simulationen in mehreren Sprachen – neben Scala gibt es auch Java-, JavaScript/TypeScript- und Kotlin-DSLs. Im Kern basiert das Framework jedoch auf der Scala-Applikation Gatling Core, die mit Akka für skalierbare Concurrency und Netty für effiziente Netzwerk-I/O entwickelt wurde. Dadurch kann Gatling Tausende virtueller Benutzer simulieren, ohne dass die Lastgeneratoren schnell an Grenzen stoßen.
Was ist Gatling? Architektur & Kernkonzepte
Gatling ist ein Load‑Testing‑Framework, das auf einer hoch performanten, asynchronen Architektur aufsetzt. Entscheidende Merkmale:
- Skalierbare, nicht-blockierende Engine: Gatling nutzt Akka (Actors) und Netty, um ein ereignisgesteuertes Modell zu realisieren. Jeder virtuelle Benutzer ist im Wesentlichen eine leichtgewichtige Nachricht, kein eigenständiger Thread. So lassen sich mit vergleichsweise wenigen CPU-Kernen und Speicher sehr viele gleichzeitige Nutzer simulieren. Das macht Gatling effizient – ideal für Lasttests großer Systeme.
- Codezentrierte DSL: Tests werden als Code formuliert. Gatling stellt eine expressive DSL bereit (Scala DSL sowie Java/JavaScript/Kotlin DSLs), mit der Nutzerflüsse, Anfragen und Checks präzise beschrieben werden. Vorteil: Testskripte sind versionierbar und gut wartbar. Man braucht allerdings Programmierkenntnisse, um die Skripte anzupassen.
- Simulationen & Szenarien: Ein Gatling-Test besteht aus einer Simulation (in Scala eine Simulation-Klasse), die ein oder mehrere Szenarien mit Injection-Profilen kombiniert. Wichtige Bausteine sind Scenario (Nutzerpfad, z. B. Login → Aktion → Logout), Injection Profile (wie und wie viele Nutzer starten), Protocol Configuration (z. B. Basis-URL, Header) und Checks/Assertions (Validierungen und Pass/Fail-Kriterien).
- Protokoll-Unterstützung: Standardmäßig ist Gatling auf HTTP/HTTPS ausgelegt, liefert aber auch Unterstützung für andere Protokolle (z.B. JMS) und kann per Plugins erweitert werden. Dadurch eignet es sich vor allem für Web- und API-Tests, ist aber nicht strikt darauf beschränkt.
- Reporting: Nach jedem Testlauf erstellt Gatling detaillierte Reports im HTML-Format. Diese enthalten Latenzverteilungen (p50, p95, p99 etc.), Fehlerraten, Durchsatz und weitere Kennzahlen. (Achtung: Die Open-Source-Version liefert statische HTML-Reports, Gatling Enterprise bietet zusätzlich interaktive Dashboards.)
Hinweis: Gatling ist codezentriert. Das ist ein großer Vorteil für Wartbarkeit, erfordert aber, dass Sie sich mit Programmiersprachen auskennen (und z. B. ein Build-Tool wie Maven oder Gradle verwenden). Es gibt zwar auch Recorder und GUIs, für ernsthafte Tests gewinnen Sie jedoch alle Flexibilität durch das Schreiben eigener Skripte.
Schneller Einstieg: Minimalbeispiel (Scala DSL)
Ein kurzes Beispiel verdeutlicht zentrale Konzepte (Imports, HTTP-Protocol, Feeder, Szenario, Injection, Assertions). In Scala sieht ein Basis-Szenario so aus:
import io.gatling.core.Predef._
import io.gatling.http.Predef._
import scala.concurrent.duration._
class BasicSimulation extends Simulation {
// Protokoll-Konfiguration: Basis-URL, Header usw.
val httpProtocol = http
.baseUrl("https://example.com")
.acceptHeader("application/json")
// Feeder: Lies Zugangsdaten aus CSV-Datei (shared pool, im Kreis)
val feeder = csv("users.csv").circular
// Szenario: Ein typischer Nutzerpfad
val scn = scenario("UserJourney")
.feed(feeder) // Daten aus Feeder zuführen
.exec(
http("HomePage") // Anfrage an Homepage
.get("/")
.check(status.is(200)) // Check: Status 200
)
.pause(1.second, 5.seconds) // Denk- und Interaktionszeit
.exec(
http("Login") // Login-Anfrage mit Formular
.post("/login")
.formParam("username", "${username}")
.formParam("password", "${password}")
.check(status.is(200))
)
// Simulation Setup: Injection-Profil und Assertions
setUp(
// Offenes Modell: 10 → 100 neue Nutzer/Sekunde in 5 Minuten
scn.inject(rampUsersPerSec(10).to(100).during(5.minutes))
).protocols(httpProtocol)
.assertions(
global.responseTime.max.lt(2000), // Max-Latenz < 2000ms
global.successfulRequests.percent.gt(95) // ≥95% erfolgreiche Anfragen
)
}
Erklärung:
- Feeder: Die CSV-Datei users.csv liefert Login-Daten. .circular bedeutet, dass beim Erreichen des Dateiende von vorn begonnen wird. Andere Strategien sind .random oder .queue.
- Checks: Im Beispiel prüfen wir nur den HTTP-Status. In echten Tests würde man auch Inhalte (z.B. JSON-Felder) validieren – so erkennt Gatling sofort Fehlerzustände.
- pause(1.second, 5.seconds): Simuliert „Denkzeit“ der Nutzer. Alternativ gibt es pace, um eine konstante Ankunftsrate zu steuern.
- Injection: rampUsersPerSec(10).to(100) ist ein Beispiel fürs Open-Model (siehe Abschnitt Injection-Modelle). Es startet bei 10 Nutzern/Sekunde und erhöht gleichmäßig auf 100 in 5 Minuten. Im Scala-DSL genügt hier inject(...), intern ist das Open-Mode.
- Assertions: Mit global.*-Assertions können Sie Laufgrenzen setzen. Erfüllt der Test diese nicht, wird er als „gescheitert“ gewertet (wichtig für automatisierte Pipelines).
Tipp: Gatling-Simulationen können auch in Java/JavaScript geschrieben werden – die Konzepte bleiben gleich. Beispielsweise gibt es in den Java/JS DSLs Methoden wie scenario(), injectOpen() und ähnliche.
Injection‑Modelle: Open vs. Closed – mit Beispielen
Das Injection-Profil bestimmt, wie virtuelle Nutzer in die Simulation einfließen. Gatling unterscheidet zwei Lastmodelle:
- Open Model (Ankunftsrate steuern): Hier definieren Sie die Rate ankommender Anfragen (z. B. 50 Neuzugänge pro Sekunde). Es simuliert reale öffentliche Verkehrslasten, bei denen Nutzer unabhängig und zufällig eintreffen (z. B. Benutzer einer News- oder E-Commerce-Seite). Gatling bietet dafür profillinien wie constantUsersPerSec, rampUsersPerSec, stressPeakUsers usw. Einige Beispiele:
// 50 neue Benutzer pro Sekunde über 10 Minuten
scn.inject(constantUsersPerSec(50).during(10.minutes))
// Anstieg von 10 auf 100 Benutzer/s in 5 Minuten
scn.inject(rampUsersPerSec(10).to(100).during(5.minutes))
Vorteil: Das Modell spiegelt echten Traffic nach, indem es eine gewisse Eingangsrate vorgibt.
Nachteil: Die gleichzeitige Nutzerzahl (Concurrency) ergibt sich dynamisch aus Rate × Verweilzeit.
Vorteil: Das Modell spiegelt echten Traffic nach, indem es eine gewisse Eingangsrate vorgibt.
Nachteil: Die gleichzeitige Nutzerzahl (Concurrency) ergibt sich dynamisch aus Rate × Verweilzeit.
- Closed Model (gleichzeitige Nutzer steuern): Hier steuern Sie direkt die Anzahl gleichzeitiger Nutzer. Neue Nutzer werden erst zugelassen, wenn andere wieder gehen. Beispiele:
// Immer genau 50 gleichzeitige Benutzer
scn.inject(constantConcurrentUsers(50).during(15.minutes))
// Lineares Hochfahren von 10 auf 200 simultane Nutzer in 10 Minuten
scn.inject(rampConcurrentUsers(10).to(200).during(10.minutes))
Dieses Modell wird oft verwendet, wenn die Systemlast durch eine feste Nutzerbasis begrenzt ist (z. B. Ticketbuchungssystem mit begrenzten Sitzungsplätzen).
Vorteil: Sie kontrollieren exakt die Concurrency. Nachteil: Die Last kann sich weniger realistisch verhalten, wenn Nutzer eintreten und das System langsamer wird (dann werden im Closed Model gar keine neuen Nutzer mehr hinzugelassen).
Wichtig: Wähle das Modell, das zum echten Produktionssystem passt. Open Model eignet sich für öffentlich zugängliche Systeme mit variabler Last, Closed Model für geschlossene oder kontrollierte Umgebungen. Gatling erlaubt in einer Simulation entweder nur Open- oder nur Closed-Profile (also z. B. injectOpen(…) oder injectClosed(…)).
Hinweis: Im Scala-DSL ist inject(...) äquivalent zu injectOpen(...) (offenes Modell). Wenn Sie das geschlossene Modell verwenden möchten, benutzen Sie injectClosed(...). In den oben gezeigten Beispielen habe ich der Übersicht halber direkt die Methoden verwendet.
Szenario‑Design: Best Practices
Ein aussagekräftiger Test trennt Testprobleme von Systemproblemen. Folgende Empfehlungen verbessern die Qualität Deiner Simulationen:
- Modularität und Wiederverwendbarkeit: Baue komplexe Nutzerpfade aus kleinen, wiederverwendbaren Bausteinen auf (z.B. Funktionen oder Traits in Scala). Dadurch kannst Du Szenario-Teile leicht kombinieren oder in mehreren Tests einsetzen.
- Testdatenmanagement: Nutze Feeder oder eigene Datenlieferanten (CSV, JSON, JDBC, Redis u. a.). Achte darauf, Datenkonflikte zu vermeiden: Wenn Dein Test Nutzer oder Bestellungen anlegt, müssen diese eindeutig oder isoliert sein. Für wiederholbare Tests verwende Feeder-Strategien wie .queue() oder .circular() für Endlosschleifen. Plane auch Datenbereinigung ein (z.B. Löschen von Testdaten nach dem Lauf).
- Checks statt „Blindheit“: Überprüfe kritisch die Antworten des Systems. Nutze .check(status.is(200)), JSON-Path-Abfragen, Header-Überprüfungen oder Regex, um sicherzustellen, dass Anfragen erfolgreich abgearbeitet werden. Ein Test ohne Checks liefert nur Zahlen, aber keine Aussage über die Funktionalität.
- Pacing vs. Pause: pause(...) simuliert Denk- oder Wartezeit eines Benutzers. Achte darauf, mit pace oder kontrollierten Zeitabständen realistische Lastmuster zu erzeugen – damit beispielsweise ein Benutzer nicht unnatürlich schnell nach einer Antwort sofort erneut klickt.
- Parametrisierung: Parameterisiere das Testverhalten (Ziel-URLs, Raten, Durations) über Umgebungsvariablen oder -Properties (z. B. -Dusers=100). So vermeidest Du, die Simulation bei jeder Änderung neu kompilieren zu müssen.
- Session-Management: Halte die Session sauber. Extrahiere CSRF-Tokens, Session-Cookies oder JWT automatisch über Checks und verwende sie in nachfolgenden Anfragen. Trenne Sessions nach Szenarien, falls nötig, damit verschiedene Nutzer nicht die selbe Session teilen.
- Stateful vs. Stateless: Viele API-Endpunkte sind zustandslos (identische Anfrage → identische Antwort). Wenn Dein Szenario aber stateful ist (z. B. Einkaufskorb, Auftragsanlage), sorge für einen klaren Datenlebenszyklus: Erzeuge Testdaten (z. B. neue Benutzer) dynamisch, führe die Aktion aus und entferne die Daten wieder. Eine konsistente Umgebung verhindert Fehler, die nicht auf Performance-Probleme, sondern auf falsche Tests zurückgehen.
Skalierung & Betrieb in der Cloud (AWS EC2 – Praxisleitfaden)
Einen echten Stresstest fährt man oft nicht mit einem einzigen Rechner, sondern verteilt die Last auf mehrere Load-Generatoren. Beispielhaft für AWS:
Architekturansatz
- Load-Generator-Pool: Erstellen Sie mehrere EC2-Instanzen als Gatling-Lastgeneratoren. Jede Instanz führt eine Gatling-Simulation durch.
- Steuer- und Koordinationsknoten: Ein Control-Node (z. B. eine weitere EC2-Instanz oder ein CI-Server) koordiniert, startet die Tests (SSH, Ansible oder CI-Skripte) auf den Generatoren und sammelt die Ergebnisse zentral (z. B. in S3).
- Netzwerk: Stellen Sie sicher, dass die Generatoren geografisch nah am System unter Test (SUT) sind, idealerweise in derselben Region bzw. AZ. So messen Sie reale Latenzen und vermeidest Effekte durch das Internet.
Ressourcenwahl & Tuning
- Instanztyp: Wählen Sie Compute-optimierte Instanzen (z. B. AWS C5/C6) mit hohem Netzwerk-Durchsatz. Kurze, schnelle HTTP-Anfragen belasten CPU/Netzwerk stark; große Antwort-Payloads eher Bandbreite.
- Netzwerkgrenzen beachten: Cloud-VMs haben Bandbreiten- und Verbindungsobergrenzen. Prüfen Sie, ob Sie eventuell an Rate Limits oder Netzwerkbottlenecks stoßen. Für sehr hohe Last können Sie über mehrere Availability Zones gehen oder auf High-Network-Optimized-Instanzen zurückgreifen.
- System-Tuning: Erhöhen Sie auf den Lastgeneratoren das Limit für offene Dateien (ulimit -n) und optimierte TCP-Settings (z. B. Ephemeral-Ports, TCP-Tuning). Achten Sie auf eine aktuelle JVM-Version und setzen Sie Heap (-Xms/-Xmx) angemessen – Gatling selbst ist relativ leichtgewichtig, aber viele VUs können auch JVM-Ressourcen beanspruchen.
Orchestrierung & Artefaktmanagement
- Infrastruktur als Code: Automatisieren Sie das Provisioning (z. B. mit CloudFormation oder Terraform). Starten Sie Gatling via User Data (bei Boot) oder per CI-Skript.
- Logs & Reports zentralisieren: Sammeln Sie alle simulation.log-Dateien und Gatling-HTML-Reports von den Instanzen. Laden Sie sie in einen zentralen Speicher (z. B. S3-Bucket) hoch. So können Sie nachträglich alles analysieren.
- Sicherheit: Öffnen Sie nur die nötigen Ports (meist nur egress Internet) und isolierte Testumgebungen. Beachten Sie API-Rate-Limits oder Firewall-Regeln des SUT, damit Ihr Test sie nicht unbeabsichtigt überschreitet.
Verteilte Tests: Möglichkeiten
- Open-Source-Ansatz: Man kann Gatling-Instanzen parallel ausführen (synchron oder asynchron) und ihre Ergebnisse manuell zusammenführen. Tools wie InfluxDB/Grafana (via Gatling-Plugin) helfen, Metriken zu aggregieren. Oder man konsolidiert alle simulation.log und nutzt das offizielle Gatling-Tooling (Command-Line oder APIs), um zusammenfassende Reports zu erzeugen.
- Gatling Enterprise (ehem. FrontLine): Die Enterprise-Variante bietet integrierte verteilte Ausführung, zentrale Steuerung und Echtzeit-Dashboards. Sie erleichtert den Aufbau großer Tests deutlich, erfordert aber ein Lizenzmodell.
Monitoring, Metriken & Report‑Analyse
Welche Kennzahlen sind relevant und wie interpretieren Sie sie? Ein umfassendes Monitoring der Testläufe ist essenziell. Wichtige Punkte:
- Latenzen: Achte insbesondere auf Mediane und obere Perzentile (p50, p90, p95, p99). Oft verraten Ausreißer (p99) echte Probleme, die im Mittelwert untergehen.
- Durchsatz (Requests/s): Messen Sie, wie viele Anfragen pro Sekunde das SUT verarbeitet. Erhöhen Sie die Last langsam, um den „Knickpunkt“ zu finden, an dem die Latenzen plötzlich stark steigen – das zeigt häufig die echte Kapazitätsgrenze.
- Fehlerrate: Analysieren Sie den prozentualen Anteil fehlgeschlagener Anfragen. Auch eine geringe Fehlerrate (z.B. Zeitüberschreitungen) kann alarmierend sein.
- Verbindungsmetriken: Gatling misst u. a. DNS-Zeit, Verbindungsaufbau, TLS-Handshake, Time-To-First-Byte usw. Diese helfen, Engpässe unter der Haube zu identifizieren.
- Ressourcenauslastung des SUT: CPU, RAM, Netzwerk, Datenbank-Pools am Zielsystem. Ein hoher CPU-Verbrauch oder volle Connection-Pools korreliert oft mit steigenden Antwortzeiten.
- Client-Bottleneck: Messen Sie auch die Auslastung Ihrer Loadgeneratoren (CPU, Netzwerk). Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie das SUT und nicht die Generatoren überlasten.
Interpretation & Fallstricke:
- Mittelwert vs. Perzentile: Ein niedriger Durchschnittswert kann täuschen, wenn die Verteilung breit ist. Beispiel: Wenn p99 viel höher als der Median ist, gibt es sporadische Verzögerungen.
- Durchsatz-Latenz-Korrelation: Steigen Sie sukzessive ins Testvolumen ein. Bei allen Durchsatzschritten sollten Sie beobachten, wann die Latenzen plötzlich explodieren („knee point“). Dieser Punkt ist oft die brauchbare Obergrenze für das System.
- Langzeitverhalten: Kurze Tests können Memory Leaks oder Sättigung übersehen. Führe für kritische Tests auch lange Läufe (z. B. 30–60 Minuten) durch, um Drosselungseffekte, temporäre Cache-Warm-Ups oder Ressourcenerschöpfung zu erkennen.
- Korrelation mit Systemmetriken: Vergleichen Sie Latenzspitzen mit Systemkennzahlen (z. B. Spike in Garbage Collection, CPU-Saturation). Das hilft, die Ursache zu finden.
Gatling-Reports
Der standardmäßige Gatling-HTML-Report bietet eine gute erste Analyse (z. B. Grafiken zu Latenzen, Fehlern, Erfolgsraten). Für tiefere Analysen verknüpfen Sie ihn mit externem Monitoring (z. B. Prometheus oder InfluxDB/Grafana): Überwachen Sie etwa Echtzeit-CPU- und Datenbank-Metriken parallel zum Test, um Rückschlüsse auf interne Engpässe zu ziehen.
CI/CD, Automatisierung und Artefakt‑Management
Lasttests lassen sich automatisieren, erfordern aber klare Strategien. Ein Beispiel mit GitHub Actions:
name: Gatling-Load-Test
on: [push]
jobs:
gatling:
runs-on: ubuntu-latest
steps:
- uses: actions/checkout@v3
- name: Set up JDK
uses: actions/setup-java@v4
with:
distribution: temurin
java-version: '17'
- name: Build and run Gatling
run: |
mvn -DskipTests package
mvn -Dgatling.simulationClass=com.example.BasicSimulation gatling:test
- name: Upload reports
if: always()
run: |
tar -czf gatling-report.tar.gz target/gatling
# Upload gatling-report.tar.gz als Artifact oder in S3
Strategie: Führen Sie schnelle Smoke-Tests (kleine Szenarien) bei jedem Commit/Merge durch, um grobe Performanceprobleme sofort zu erkennen. Umfangreiche Lasttests führen Sie in separaten Pipeline-Jobs durch (z. B. als Nightly-Build oder manuell).
Pass/Fail-Kriterien: Nutzen Sie Gatling-Assertions, um automatisiert festzustellen, ob ein Test bestanden wurde. Beispielsweise kann eine Assertion global.successfulRequests.percent.gt(99) sicherstellen, dass weniger als 1 % Fehler produziert wird. Werden SLAs überschritten, schlägt der CI-Job fehl.
Wichtig: Speichern Sie die Testberichte und Logs als Artefakte. So können Sie fehlgeschlagene Läufe analysieren, ohne sie erneut durchführen zu müssen.
Häufige Fehler & Troubleshooting
Selbst erfahrene Tester stoßen immer mal auf Fallstricke. Typische Probleme:
- Lastgenerator als Bottleneck: CPU- oder Netzwerk-Limit der Generatoren kann fälschlicherweise als SUT-Performance-Verlust erscheinen. Überwachen Sie und skalieren Sie die Loader, oder reduzieren Sie ggf. die VU-Anzahl.
- DNS/Connection-Pooling: Jedes Gatling-Setup hat Standardwerte für DNS-Caching und HTTP-Connection-Pools. Achten Sie darauf, dass DNS-Auflösung oder zu wenige Verbindungen (oder im Gegenteil zu viele) Ihre Messergebnisse verfälschen.
- Daten- bzw. Test-Konflikte: Wenn Sie stateful Endpunkte testen (z. B. Aufträge anlegen), sorgen Sie für eindeutige IDs oder saubere Datenzustände. Sonst schlagen Requests aufgrund von „Ressource bereits vorhanden“ fehl.
- Versteckte Fehler (keine Checks): Ohne check(...) in den Anfragen sieht Gatling Fehler (z.B. 500 oder Validierungsfehler) nicht und zählt sie als „erfolgreiche“ Requests. Bauen Sie immer Checks ein, um auch stille Fehler zu entdecken.
- Kalte Starts / Warm-Ups: Beim ersten Durchlauf sind Caches (CPU-Cache, Datenbank-Cache, Just-in-Time-Compilation) noch leer. Planen Sie eine kurze Aufwärmphase ein, damit Ihr eigentlicher Testlauf nicht von Starttransienten verfälscht wird.
Wenn Sie merkwürdige Ergebnisse sehen, lohnt es sich oft, die Logs zu prüfen (simulation.log enthält alle Request/Response-Details), Monitoring des Systems und gegebenenfalls Verringerung der Last, um das Verhalten in einzelnen Schritten zu analysieren.
Checkliste vor einem produktionsnahen Lasttest
- [ ] Zieldefinition: Was soll der Test beantworten? (Maximallast, SLA-Einhaltung, Skalierungsstrategie, etc.)
- [ ] Realistische Szenarien: Sind Nutzerpfade und Pausen realistisch modelliert?
- [ ] Testdaten: Gibt es genug, eindeutige Daten? Werden Feeder korrekt eingesetzt?
- [ ] Monitoring eingerichtet: Systemmetriken (CPU, RAM, DB), Netzwerk, sowie Load-Generator-Kennzahlen.
- [ ] Netzwerk geprüft: Bandbreite, Firewalls, API-Rate-Limits im SUT-Umfeld.
- [ ] Warm-Up-Phase definiert: Kurze Vorphase, um Caches aufzuheizen.
- [ ] Assertions/SLA-Checks: Sind sie definiert und sinnvoll?
- [ ] Berichte & Logs: Automatisierte Sammlung von Reports, z.B. S3-Upload oder CI-Artefakte.
Diese Checkliste hilft, typische Vergesslichkeiten zu vermeiden und sicherzustellen, dass Ihr Test reibungslos abläuft und aussagekräftige Daten liefert.
Fazit
Gatling ist ein leistungsfähiges Tool für entwicklergetriebene Lasttests: Durch die asynchrone Architektur kann es mit verhältnismäßig wenig Ressourcen sehr viel Last erzeugen, und die klare DSL sorgt für gut wartbare Testskripte. Insbesondere in Cloud-nativen Umgebungen, bei API-first-Architekturen und Microservices leistet Gatling hervorragende Dienste.
Beachten Sie jedoch:
- Wenn Sie eine ausgereifte GUI benötigen oder sehr viele verschiedene Protokolle out-of-the-box unterstützen wollen, können andere Tools oder die kommerzielle Variante von Gatling sinnvoll sein. Gatling Enterprise (früher FrontLine) bietet zum Beispiel eine zentrale Web-Oberfläche mit Echtzeit-Dashboards.
- Für verteilte Tests mit feingranularer Steuerung sind bei der Open-Source-Version eigene Skripts und Metrik-Stores nötig (z.B. InfluxDB/Grafana). Gatling Enterprise automatisiert und vereinfacht dies erheblich.
- Insgesamt ist Gatling jedoch für viele Anwendungsfälle – von automatisierten CI-Lasttests bis zu manuellen Stresstests – eine ausgezeichnete Wahl.
Quellen
[1] Gatling Dokumentation https://docs.gatling.io/
[2] Workload models in load testing | Gatling Blog https://gatling.io/blog/workload-models-in-load-testing
[3] Gatling injection scripting reference https://docs.gatling.io/concepts/injection/
[4] Gatling session scripting reference - feeders https://docs.gatling.io/concepts/session/feeders/